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Die Preispolitik ist, neben der Produktpolitik, das für die Kunden offensichtlichste Merkmal. Preise legen den Wert für ein Produkt fest und können den Kunden darüber informieren, wie nützlich es ist. Der Preis hat also zwei Funktionen, eine Nutzen- und Informationsfunktion. (Mittelstaedt, 2019)
Durch die Sichtweise der Psychologie auf die Preise entstanden einige wichtige Begriffe der Preispolitik: (Mittelstaedt, 2019)
Preisinteresse
Das Preisinteresse bezeichnet das Bedürfnis des Kunden nach Preisinformationen zu suchen und diese bei seiner Kaufentscheidung zu berücksichtigen. (Diller, 2008) Der Kunde vergleicht vor dem Kauf die Preise. Von diesem Merkmal hängt ab, ob die Zielgruppe überhaupt auf die Preispolitik reagiert. Würde sich der Kunde nicht für den Preis interessieren und das Produkt unabhängig vom Preis kaufen, würde sich auch keine preisbezogene Werbung lohnen.
Preisgünstigkeit
Die Preisgünstigkeit bezeichnet das Vergleichen der angebotenen Preise mit denen der Konkurrenz. Welches ähnliche Produkt ist günstiger, welches teurer? (Scharf, Schubert, & Hehn, 2012)
Preiswürdigkeit
Ist das Produkt den Preis wert? Bekommt der Kunde für den Preis, den er zahlen muss, auch eine entsprechende Leistung? Der Preis wird also im Vergleich zum Nutzen gesetzt. (Scharf, Schubert, & Hehn, 2012)
Die Höhe des Preises ist meistens ein nebensächliches Kriterium für die meisten Kaufentscheidungen. Konsumenten achten hauptsächlich bei Produkten, die sie selten kaufen, auf den Preis. Zumindest können Kunden im Nachhinein selten den Preis nennen, den sie gerade für ein Produkt bezahlt haben. (Felser, 2015, S. 388)
Man sollte sich dennoch nicht von diesen Erkenntnissen täuschen lassen. Ein Kunde spart gern Geld. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, bei denen der Kunde freiwillig mehr bezahlt:
Wenn der Kunde durch den Konsum mehr soziale Aufmerksamkeit bekommt und sein Selbstbild stärken kann, bezahlt er gerne einen höheren Preis für ein Prestigeprodukt. Verschiedene Werte und Normen wie etwa Luxus, Prestige, Status, Extravaganz, Angeberei, aber auch Umweltbewusstsein führen dazu, dass der Kunde gerne mehr bezahlt. (Felser, 2015, S. 395) Kunden zahlen vermehrt auch mehr für ein Produkt, wenn sie selbst entscheiden können, wie viel sie dafür zahlen. Sie möchten nicht ihr Selbstbild verletzen und achten auf soziale Normen. (Für eine ausführliche Übersicht zum Geltungskonsum und „pay what you want“ siehe Felser, 2015, S. 395-397)
Die Preis-Absatz-Funktion
Die Preis-Absatz-Funktion beschreibt, dass mit steigenden Preisen die Nachfrage sinkt. Je teurer ein Produkt wird, desto weniger wird davon nachgefragt. Dabei beurteilen Kunden einen Preis in Abhängigkeit von einem subjektiven Referenzpreis als teuer oder günstig. (Felser, 2015, S. 390) Man könnte diesen Preis auch den „fairen Preis des Kunden“ nennen. Ein Preis bewertet eine Transaktion und ist somit ein Hinweis darauf, wie fair ein Tauschgeschäft ist. Ein Kunde kauft ein Produkt, wenn der Nutzen des Produkts höher ist als der Schmerz (Preis), den er empfindet. (Thaler, 1985)
Die Preis-Absatz-Funktion verläuft nicht monoton: Es gibt sogenannte Preisschwellen (siehe Abbildung), bei denen die Nachfrage sprunghaft steigt oder sinkt. Innerhalb dieser Preisstufen wird eine Änderung des Preises von den Konsumenten kaum bemerkt. (Felser, 2015, S. 391)
Abbildung: Beispiel Preisschwelle, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Raab & Unger, 2005, S. 181)
Die Intervalle der Preisschwellen müssen nicht immer gleich groß sein. Die Preisschwellen hängen auch von den Kaufgewohnheiten der Konsumenten ab. Markenprodukte oder Produkte mit starken Präferenzen sind weniger von den Schwellenpreisen betroffen. (Felser, 2015, S. 392) Die angesprochene Preisschwelle ist relativ und bezieht sich auf die Bewertung des Preises. Kontrastierend gibt es auch eine absolute Preisschwelle, die entscheidet, ob der Kunde das Produkt zu dem Preis kauft oder nicht. (Trommsdorff, 2009, S. 93)
Einige weitere interessante Erkenntnisse über Preise lauten: (Felser, 2015, S. 392-392) & (O’Shaughnessy, 1987, S. 153) & (Schindler, 1994) & (Christensen, 1989)
- Ein Preis kann auch zu günstig sein (siehe Preis-Qualitäts-Regel).
- Ein niedriger Preis steht für eine geringe Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers.
- Wenn der Kunde bereits viel Geld ausgegeben hat, sinkt das Preisinteresse.
- Unterschiede beim Preis zwischen Kunden sind problematisch: Preisunterschiede zwischen Neu- und Bestandskunden werden als unfair empfunden. Preisaktionen (zeitlich gebundene Rabatte) können diesen Effekt verringern.
Die Preis-Qualitäts-Regel
Die Preis-Qualitäts-Regel ist nichts anderes als eine Faustregel, die besagt, dass ein hoher Preis als Indikator für eine bessere Qualität steht. Verbindet man die klassische Preisfunktion und die Preis-Qualitäts-Regel, erhält man folgende Preisfunktion:
Abbildung: Zusammenhang zwischen Preis und Kaufbereitschaft, eigene Darstellung, Quelle: vgl. (Neumann, 2013, S. 46)
Ist der Preis zu niedrig, entsteht Misstrauen gegenüber der Produktqualität. Ab einer bestimmten Preisschwelle gilt der Preis als angemessen und die Kaufwahrscheinlichkeit steigt. Danach setzt die klassische Preisfunktion ein: Mit steigendem Preis sinkt die Nachfrage. (Neumann, 2013, S. 46)
Ein hoher Preis wird also vom Kunden als ein bestimmtes Signal verstanden, an das Erwartungen geknüpft sind. Der Kunde erwartet bei einem hohen Preis eine dementsprechende Qualität. (Scheier, Bayas-Linke, & Schneider, 2011, S. 187)
Die Preis-Qualitäts-Heuristik tritt mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit auf, wenn … (Felser, 2015, S. 393) & (Mittelstaedt, 2019a, S. 68) & (Trommsdorff, 2009, S. 97)
- dem Kunden viele Produkt- und Preisinformationen vorliegen und er eigentlich eine schnelle Entscheidung treffen möchte.
- der Kunde ein geringes Involvement hat.
- es keine andere Methode als den Preis gibt, um die Qualität zu bestimmen.
- der Kunde eine mangelnde Produktkenntnis besitzt.
- es viele Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten gibt.
- der Kunde besonders risikoavers (siehe Prospect Theory) entscheiden möchte.
- die Produkte und Preise schwer miteinander zu vergleichen sind, weil es sich um ein gebündeltes Angebot mit verschiedenen Artikeln handelt (siehe Abbildung). Man sollte also Preisbündel verwenden, wenn man möchte, dass der Kunde die Preis-Qualitätsregel anwendet. Aus der Preispsychologie ist bekannt, dass sich die Preisbündel vor allem anbieten, wenn man Artikelposten zusammenfasst, die einzeln sonst teuer erscheinen würden. Günstige Artikelpositionen sollte man einzeln anbieten. (Felser, 2015, S. 408)
Abbildung: Beispiel Preisbündelung, eigene Darstellung
Interessant ist dabei, dass die Preis-Qualitäts-Regel bei bestimmten Produkten besonders ausgeprägt ist: Bei Computern und in Bereichen der Telekommunikation ist der Effekt beispielsweise stärker als bei Nahrungsmitteln. (Kirchler, 2011, S. 355)
Des Weiteren werden niedrige Preise fast nie mit Qualität in Verbindung gebracht. Der Zusammenhang zwischen einem Preis und der Qualität erhöht sich erst ab einer gewissen Preisschwelle und mit einem steigenden Preis. Preise können auch die Wahrnehmung des Produkts beeinflussen: Teure Produkte führen zu einem größeren Belohnungsgefühl und können Placeboeffekte auslösen. (hoher Preis = stärkere Wirkung) (Felser, 2015, S. 394)
Der Effekt der letzten Ziffer
Im Supermarkt ist Ihnen sicherlich schon aufgefallen, dass viele Produkte die Zahl neun als letzte Ziffer haben. Das kommt Ihnen nicht nur so vor, sondern ist auch statistisch belegt. Für die Verwendung von gebrochenen Preisen gibt es aus psychologischer Sicht für ein Unternehmen durchaus Gründe: (für eine ausführliche Übersicht siehe: Felser, 2015, S. 398-400) & (Trommsdorff, 2009, S. 92-94)
- Bedeutungseffekte
Die Zahl Neun suggeriert, dass der Preis besonders streng kalkuliert worden ist. Wir glauben zu wissen, dass der Preis lange nicht gesteigert wurde und dass das der günstigste Preis sein muss. Aus der Sozialisation heraus wurden wir so erzogen, dass ein Preis mit einer Neun als letzte Ziffer ein gut kalkulierter Preis ist.
- Drop-Off Effekt
Konsumenten tendieren bei mehreren Zahlen dazu, die letzte Zahl der Reihe wegzulassen. Es handelt sich dabei um einen Rechenfehler: Der Kunde wird eher ab- als aufrunden.
- Aufmerksamkeits- und Gedächtniseffekte
Die Aufmerksamkeit, die der Kunde den verschiedenen Stellen einer Zahl gibt, nimmt von links nach rechts ab. Die linke Ziffer ist stets die Wichtigste. Dieser Denkfehler ist ein Gedächtnisfehler, da der Kunde bei der Konstruktion einer Zahl einige Stellen nur schätzt oder errät.
Ob der Kunde diesen Effekt anwendet, liegt vor allem an seinem Referenzpreis. Liegen die Preise der Produkte nah beieinander, achtet der Kunde verstärkt auf die erste Zahl. (Felser, 2015, S. 400)
Die Distanz von einem Cent ist für die Wahrnehmung des Kunden erst einmal nebensächlich. Vergleicht der Kunde allerdings einen Preis von 500,00€ mit 199,99€ oder 200,00€, kann das Unternehmen den einen Cent mehr verlangen: Die Zahlen sind zu groß und liegen zu weit vom Referenzpreis von 500€ entfernt, als dass der eine Cent eine Rolle spielen würde.
Nicht nur die letzte Ziffer spielt bei der Preiswahrnehmung eine Rolle. Auch die Währungseinheit ist bei der Wahrnehmung von Preisen wichtig. Für den Kunden sind Preise Signale, die mit den Schmerzarealen im Gehirn verbunden sind. Eine Geldeinheit (€-Zeichen) ist für den Kunden ein Signal für einen Preis. Das €-Zeichen aktiviert somit die Schmerzzentren im Gehirn. Eine Studie hat gezeigt, dass das Weglassen des Eurozeichens bei der Preisbeschriftung von Produkten zu mehr Umsatz geführt hat. (Scheier, Bayas-Linke, & Schneider, 2011, S. 189)
Das Sonderangebot
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Kaufmotivation mit der Ersparnis steigt, dieser Effekt allerdings nicht sofort eintritt. Die Ersparnis muss eine gewisse relative Höhe haben, um überhaupt wahrgenommen zu werden (siehe Preisschwellen). Gerade bei alltäglichen Handelsgütern ist eine zu kleine Ersparnis für den Kunden nicht spürbar. Anders sieht die Situation bei Markenartikeln aus: Hier besitzt der Kunde auch bei kleinen Ersparnissen sofort eine größere Kaufmotivation. Zusätzlich steigt die Kaufmotivation unabhängig vom Produkt nicht proportional mit der Ersparnis an. „Je niedriger der Preis, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Kunde das Produkt kauft.“ Ist daher eine falsche Behauptung. (siehe Preis-Qualitäts-Regel) (Felser, 2015, S. 401)
Einen besonderen Stellenwert haben dabei Gratisprodukte. Die Wahrnehmung für Aktionen, wie z.B. „zwei zum Preis von einem“, unterscheidet sich von der Wahrnehmung für sehr günstige Preise. Selbst ein Preis von einem Cent wird noch anders als ein kostenloses Angebot wahrgenommen. Die Zahl Null steht für ein anderes mentales Konzept (kostenlos) und aktiviert andere Assoziationen (ein Geschenk) beim Kunden: Die Nachfrage steigt nämlich stark an. Ein Marketer sollte also nicht den Preis eines Produkts halbieren, sondern lieber eine Aktion „Nimm zwei, zahl eins“ durchführen. (Scheier, Bayas-Linke, & Schneider, 2011, S. 190-191)
Bei einem Sonderpreis sollte man es vermeiden den günstigeren Preis zu nennen, sondern lieber den alten Referenzpreis stehen lassen und mit Rabatten in Prozent arbeiten, die erst an der Kasse verrechnet werden. Sonst bestünde ein Nachteil darin, dass die Kunden den Sonderpreis als neuen normalen Preis abspeichern. Es ist sinnvoll, mehrere Rabatte für ein Produkt anzubieten: Eine Reduktion des Artikelpreises um 20% und dann nochmal um 25% hat eine bessere Wirkung als ein großer Rabatt von 40%. (Felser, 2015, S. 401)
Abbildung: Zusammenhang zwischen der Kaufwahrscheinlichkeit und der Höhe des Preisnachlasses, eigene Darstellung
Man sollte außerdem Produkt- oder Dienstleistungspreise so gering wie möglich ausweisen: Bei einem Monatsbeitrag ist es sinnvoll, den Beitrag auf einen täglichen oder wöchentlichen Beitrag herunterzurechnen. Anstelle von „30€ im Monat“ sollte lieber „1€ pro Tag“ verwendet werden (siehe Ankereffekt). (Felser, 2015, S. 410-411)
Unverbindliche Preisempfehlungen nehmen Konsumenten nicht wirklich ernst: Durchschnittlich rechnen Konsumenten bei einem Sonderangebot mit einer Ersparnis von 10-12%. Folglich empfiehlt es sich bei einem Angebot, das weniger als 10% rabattiert ist, nur das Sonderangebot an sich hervorzuheben:
Der Kunde wird automatisch ca. 10% abziehen. Andersherum gilt: Wenn der Preisrabatt über dem durchschnittlichen Rabatt von 10% liegt, sollte der Marketer den Rabatt auch extra bewerben. (Felser, 2015, S. 401) Es ist wenig überraschend, dass Sonderangebote grundsätzlich immer gut sind. Trotzdem haben sie einige Effekte auf die Bewertung des Produkts und die Zufriedenheit:
Direkt nach dem Kauf freut sich der Kunde über das Schnäppchen und die gewonnene Ersparnis. Die Zufriedenheit nimmt jedoch nach dem getätigten Kauf stark ab und führt sogar dazu, dass die Wahl gegenüber einem gleichwertigen höherpreisigen Produkt abgewertet wird. Wie erklärt die Wirtschaftspsychologie dieses Phänomen?
Bei einem hohen Preis muss der Kunde den Kauf des Produkts stärker mental rechtfertigen und eher mit den positiven Produkteigenschaften argumentieren, da er nicht damit argumentieren kann, dass er einen besonders guten Deal gemacht hat. Der Kunde muss mental die Vorteile und positiven Eigenschaften des Produkts hervorheben, er redet sich das Produkt schön. Bei einem besonders guten Preis hingegen kann er den Kauf nur mit dem Preis rechtfertigen. Die empfundene Ersparnis und die damit entstandene Zufriedenheit bezieht sich also nicht auf den absoluten Preis, sondern stets auf die Relation zum subjektiven Referenzpreis. (Felser, 2015, S. 402)
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