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Mengenwahrnehmung

Kunden nehmen Mengen recht intuitiv wahr. Es gibt verschiedene Methoden zur Mengenwahrnehmung:

  • Der Konsument zählt alle Elemente, was jedoch mit großem Aufwand verbunden ist.
  • Er zählt nur einen Teil und rechnet dann hoch.
  • Er schätzt die Anzahl komplett intuitiv.

Gerade bei der intuitiven Vorgehensweise kommt es häufig zu Fehlurteilen. Wenn der Kunde intuitiv vorgeht, erscheinen ihm viele kleine identische Produkte zahlreicher als dieselbe Anzahl unterschiedlicher Artikel. Schon ein Produkt oder Objekt, das anders aussieht, kann diesen Effekt zerstören. (Felser, 2015, S. 376)

Flächen- und Volumenwahrnehmung

Bei der Schätzung des Volumens kann es dem Kunden passieren, dass er die Grundfläche unter- und die Höhe des Objekts überschätzt. Der Kunde überschätzt das Fassungsvermögen eines hohen dünnen Gefäßes.

Soll der Kunde also den Eindruck bekommen, er bekomme viel Inhalt (z.B. in Getränken) für sein Geld, ist ein hohes dünnes Glas von Vorteil. Er wird dann allerdings auch annehmen, dass er bereits viel konsumiert hat und somit weniger nachbestellen. Bei sehr teuren Getränken, wo nicht viel nachbestellt wird, sollte man lange dünne Gläser anbieten. Außerdem werden Objekte, die farblich auffällig sind, in ihrer Größe überschätzt. (Felser, 2015, S. 377-378)

Die Wahrnehmung von Gewicht

Dunkle Objekte werden beim Betrachten als schwerer eingeschätzt. Diese Fehleinschätzung des Gewichts gilt auch für Objekte, die groß sind: Große Objekte werden als schwerer eingeschätzt, obwohl der Kunde keine weiteren Informationen zur Verfügung hat, also gar nicht weiß, ob es tatsächlich so ist.

Außerdem gibt es einen „Oben-Unten-Links-Rechts-Effekt“: Objekte, die in einem Bild oder Werbeplakat oben platziert werden, wirken leichter als solche, die sich im unteren Teil befinden. Dieser Wahrnehmungsfehler lässt sich mit der Schwerkraft begründen: Wenn sich etwas gegen die Schwerkraft widersetzt, muss es erfahrungsgemäß weniger wiegen. Zusätzlich wirken Objekte leichter, wenn sie links statt rechts platziert werden. Die Begründung dafür ist die Leserichtung des Kunden und das Hebelgesetz. (Felser, 2015, S. 378-379)

Die Wahrnehmung von Zahlen

Kunden interpretieren Zahlen meistens nicht absolut, sondern in Relation zu ihrer Umgebung: Die Zahl Fünf kann z.B. als Referenzpunkt dienen, anhand derer die anderen Zahlen bewertet werden.

Zusätzlich wird ein Zahlensprung von 1 auf 2 größer empfunden als einer von 8 auf 9. Mit diesem Wissen kann man im Marketing die subjektive Wahrnehmung des Rabatts ändern: Ein Rabatt von 122 auf 121 ist demnach subjektiv größer als ein Rabatt von 119 auf 118. 

Viele Preise (vor allem Rabatte) werden in der Praxis optisch hervorgehoben: Kleinere Preise oder Rabatte sollte der Marketer aber tatsächlich auch optisch kleiner gestalten als höhere Preise. Um Preisdifferenzen hervorzuheben, empfiehlt es sich außerdem, die Preise relativ weit auseinander zu schreiben bzw. zu platzieren. (Felser, 2015, S. 372-374)

Zusammenhang zwischen Verpackungsgröße und Qualität

Kleinere Verpackungs- oder Produkteinheiten werden grundsätzlich vom Kunden besser bewertet. Das liegt vor allem daran, dass diese Einheiten oftmals teurer sind als Großpackungen. Die Preis-Qualitätsregel beeinflusst somit die Wahrnehmung des Kunden.

Außerdem haben Labels wie klein, mittel, groß, etc. einen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Konsumenten: Der Kunde trifft, wie bereits beschrieben, seine Kaufentscheidung in Relation zu den anderen Optionen.

Wenn der Kunde beispielsweise in einem Restaurant wäre, das verschiedene Portionsgrößen (kleine Portion – 300g, mittlere Portion 500g und große Portion 700g) anbietet, würde der Kunde womöglich eher auf die Labels achten als auf die Gewichtsangaben, obwohl die Grammzahl die genauere Information ist.

Der Kunde konsumiert aus großen Verpackungen mehr. Sie möchten alles aufessen, damit die Packung leer ist. Der Grund dafür ist u.a. bei dem Ankereffekt, der Gestaltpsychologie, der Gruppennorm und der Konsistenztheorie zu finden. (Felser, 2015, S. 380-381)

Der Ankereffekt besagt beispielsweise, dass eine Essensmenge, die aus einer großen Verpackung mit viel Inhalt entnommen wird, als weniger empfunden wird wie eine Menge, die aus einer kleinen Verpackung mit wenig Inhalt entnommen wird.

Der Zusammenhang zwischen Zeit und Geld

Eine spannende Erkenntnis der Wirtschaftspsychologie besteht darin, dass Menschen in der Regel bereit sind, Zeit gegen Geld zu tauschen, aber nicht andersherum Geld gegen Zeit. Menschen lassen sich dafür bezahlen, dass sie ihre Zeit „opfern“ (Arbeit). Dieselben Personen sind aber nicht bereit für mehr verfügbare Zeit zu zahlen. Wie kommt es nun zu dieser Anomalie?

Zeit ist eine sehr vage Einheit. Man kann mit ihr viele Dinge anstellen und sie hat keine genauen Opportunitätskosten. Zusätzlich kann man Zeit nicht ansparen oder investieren bzw. vermehren. Die angesprochenen Punkte sind Funktionen, die man Geld aber sehr wohl zusprechen kann. Bei Geld ist vor allem entscheidend, dass der Mensch relativ genau seine Alternativen zu der möglichen Ausgabe kennt. Der Mensch hat ganz genaue Vorstellungen, was Geld wert ist. Bei Zeit wissen viele Menschen nicht genau, was sie damit anstellen sollen und kennen nicht den genauen Wert der Zeit. (Felser, 2015, S. 382-383)

Was würde passieren, wenn Zeit die Funktionen von Geld übernehmen würde? Die Hauptfigur Momo aus dem gleichnamigen Roman von Michael Ende hat das erlebt. Zeit wird angespart, alle Menschen leben so effizient wie möglich und haben keine Zeit mehr für die Freuden des Lebens.

Die Zeitwahrnehmung

Besonders prägnant bei der Zeitwahrnehmung ist die Peak-End-Rule. Diese Regel besagt, dass der Kunde vor allem den Höhepunkt (bedeutendsten Moment) und das Ende einer Dienstleistung oder eines Ereignisses fokussiert wahrnimmt. Wenn der Kunde also ein Erlebnis oder eine Dienstleistung bezüglich ihrer Dauer und Qualität bewertet, beeinflussen diese beiden Punkte die Einschätzung. (Felser, 2015, S. 382 & 252) Wie es das Sprichwort eben sagt: „Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist.“ Eine Dienstleistung sollte also besonderen Wert auf den intensivsten Moment und das Ende des Angebots legen.

Peak-End-Rule

Abbildung: Die Peak-End-Rule, eigene Darstellung

Die Dauerheuristik

Grundsätzlich werden Dienstleistungen besser bewertet, wenn sie subjektiv etwas länger dauern. Wenn kein Aufwand in der Dienstleistung steckt, sinkt auch ihre Bewertung. Eine Dienstleistung soll, aus der Sicht der Kunden, mit einer gewissen Mühe für den Dienstleister verbunden sein.

Das Warten oder die vergangene Zeit kann auch den Genuss eines Produkts erhöhen, z.B. bei einem guten Wein oder einem reifen Käse. (Felser, 2015, S. 384 & 386)

Zusätzlich kommt es dem Kunden so vor, als ob spannende und abwechslungsreiche Erlebnisse im Hier und Jetzt schneller vorbei gehen als monotone Erlebnisse. In der Erinnerung hingegen kommen dem Konsumenten abwechslungsreiche Erlebnisse länger vor. Das Gedächtnis macht von jedem neuen spannenden Moment Bilder: Je mehr Bilder und Eindrücke der Kunde sammelt, desto schneller vergeht die Zeit im Moment und desto länger ist diese Zeit in der Retrospektive. (Felser, 2015, S. 384)

Aus dem oben bereits angesprochenen Buch von Michael Ende: „Es gibt ein großes und doch ganz alltägliches Geheimnis. Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach. Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und wundern sich kein bisschen darüber. Dieses Geheimnis ist die Zeit. Es gibt Kalender und Uhren, um sie zu messen, aber das will wenig besagen, denn jeder weiß, dass einem eine einzige Stunde wie eine Ewigkeit vorkommen kann, mitunter kann sie aber auch wie ein Augenblick vergehen – je nachdem, was man in dieser Stunde erlebt. Denn Zeit ist Leben.“ (Ende, 2018)

Die Dauerheuristik kann man auch in der Praxis anwenden:

Allgemein kann man sagen, dass Wartezeiten schneller vergehen, wenn der Kunde aktiv und nicht passiv warten muss. Der Kunde sollte also in der Warteschlange oder beim Warten einer Aktivität nachgehen oder sich ablenken. Von Vorteil ist es auch, wenn die Warteschlange relativ schnell vorwärts geht, denn jeder Schritt trägt zum aktiven Warten bei.

Optimalerweise geht es gleich von Beginn an vorwärts: Im Restaurant sollte also gleich zu Beginn die Bedienung kommen und nicht erst Zeit vergehen, bis die ersten Getränke bestellt sind. Auf die Stimmung des Kunden beim Warten wirkt es sich positiv aus, wenn er sich verdeutlicht, wie viele Kunden bereits hinter ihm stehen und nicht, wie viele vor ihm noch bedient werden.

Zu guter Letzt wäre es besser, wenn die Wartezeit absteigend angezeigt wird. Ein Countdown verkürzt subjektiv die eigentliche Wartezeit. (Felser, 2015, S. 384-385)


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