Damit die Werbung überhaupt wahrgenommen wird, muss der Kunde seine Aufmerksamkeit erst einmal auf sie richten. Aufmerksamkeit bedeutet folglich, dass der Kunde eine gewisse Reizauswahl vornimmt. (Lachmann, 2002, S. 21) Der Mensch kann nicht alle Informationen / Reize aufnehmen, die ihn umgeben. Er sucht sich bewusst oder unbewusst aus, worauf er seinen Fokus richtet. Man kann dabei von einer selektiven Aufmerksamkeitssteuerung sprechen. (Felser, 2015, S. 41) Die Werbung sollte versuchen bestimmte Aspekte der Botschaft in den Vordergrund zu rücken, damit sie die nötige Aufmerksamkeit bekommen. Problematisch ist dabei, dass die Aufmerksamkeit nicht unbegrenzt verfügbar ist. (Felser, 2015, S. 42) Der Konsument kann nicht beliebig viele Werbemedien gleichzeitig oder kurz nacheinander konsumieren, ohne dabei stark selektiv vorzugehen.

Die Aktivierung

Die Aktivierung und Aufmerksamkeitssteuerung nimmt Einfluss auf alle Prozesse der Informationsverarbeitung. (Kroeber-Riel, 2003, S. 78) Aktivierung ist dabei die grundlegende Erregung oder innere Spannung. (Kroeber-Riel, 2003, S. 58)  Eine Aktivierung ist notwendig, um Aufmerksamkeit für das Produkt zu erzeugen und kann die Betrachtungszeit eines Objekts verlängern. (Lachmann, 2002, S. 43) Die Aufmerksamkeit sensibilisiert den Konsumenten für bestimmte Reize und somit für bestimmte Aspekte der Werbebotschaft. (Kroeber-Riel, 2003, S. 61) Dabei gilt nicht, dass eine größere Aktivierung und somit eine größere Aufmerksamkeit automatisch besser sind. Eine mittlere Aufmerksamkeitsspanne ist für den Konsum von Werbung am besten geeignet. (Felser, 2015, S. 42) & (Trommsdorff, 2009, S. 43)

Das Yerkes-Dodson-Gesetz

Die Begründung für dieses Prinzip liefert die Lambda-Hypothese, auch Yerkes-Dodson-Gesetz genannt. Dieses Prinzip besagt, dass mit steigender Aktivierung auch die Leistungsfähigkeit und somit die Aufnahmebereitschaft des Konsumenten steigt. (Kuß & Tomczak, 2007, S. 82-83)

Ab einem bestimmten Aktivierungspunkt nimmt die Leistungsfähigkeit jedoch wieder stark ab, es gibt somit einen optimalen Punkt der Aktivierung (siehe Abbildung). (Felser, 2015, S. 88)

Yerkes-Dodson-Gesetz
eigene Darstellung, Das Yerkes Dodson Gesetz

Aus dieser Abbildung lassen sich drei Schlussfolgerungen für die Werbung ziehen: (Kroeber-Riel, 2003, S. 80)

  • Es ist ein Mindestmaß an Aktivation nötig, sonst liegt die Leistungsfähigkeit bei null.
  • Mit zunehmender Leistung steigt die Fähigkeit die Werbung zu verstehen und die Werbebotschaft aufzunehmen.
  • Aktiviert die Werbung den Konsumenten zu stark, sinkt dessen Leistungsfähigkeit.

Die letzte Anmerkung ist in der Werbung, so sind sich die Experten einig, vernachlässigbar. (Felser, 2015, S. 89) & (Kroeber-Riel, 2003, S. 80 & 99) Eine normale Werbeanzeige wird es nicht schaffen den Konsumenten zu stark zu aktivieren.

Die Aufmerksamkeit des Kunden wecken

Wie lässt sich eine hohe Aufmerksamkeit beim Kunden auslösen? Trommsdorff formuliert dazu folgende Methoden: (Trommsdorff, 2009, S. 46)

  • Einen Stimulus verwenden, der ein physisches Bedürfnis anspricht.
  • Einen Stimulus verwenden, der Gefühle auslöst.
  • Starke oder ungewöhnliche Stimuli verwenden, die biologische Reflexe auslösen, z.B. Geräusche.

Neumann stellt noch weitere Reize vor, die die Aufmerksamkeitsförderung der Werbung verbessern: (Neumann, 2013, S. 100-101)

  • Humor, Menschen im Allgemeinen und besonders Erotik, Tiere (Tierbabys), Signalfarben, spezielle Drucktechniken (Haptik-Effekte), ausgefallene Überschrift, überraschende Elemente, Düfte, Musik

Mit einer höheren Aktivierung hängt nicht nur eine höhere Leistungsfähigkeit zusammen, eine aktivierende Werbung hat auch einen Einfluss auf die mentale Kontrolle der Argumente. Bei einer hohen Aktivierung werden die Argumente der Werbebotschaft kontrolliert und der Konsument ist geneigt, nach Gegenargumenten zu suchen und den Überzeugungsversuch zu entkräften. (Felser, 2015, S. 42) Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Kroeber-Riel: „Wenn man der Kommunikation mehr aktivierende Wirkung gibt, so kann man mit einer effizienteren Verarbeitung der Botschaft, aber nicht unbedingt mit einem besseren Kommunikationserfolg rechnen.“ (Kroeber-Riel, 2003, S. 82) Ist der Kunde wenig aktiviert, ist er der Werbung gegenüber nur leicht resistent eingestellt und entwickelt keine Gegenargumente. (Heath, 2012)

Dem Marketer muss es also gelingen, einen Mittelweg zu finden: Auf der einen Seite die hohe Aktivierung mit einer guten Informationsverarbeitung und Leistungsfähigkeit der Kunden, auf der anderen Seite die ebenso steigende kritische Haltung des Kunden gegenüber der Werbung.

Folgende Aspekte sind abschließend zur Aktivierung und Aufmerksamkeit zu beachten:

  • Die Aktivierung hat einen positiven Einfluss auf die Informationsaufnahme und – verarbeitung. (Kroeber-Riel, 2003, S. 86) Aktivierende Anzeigen ziehen Blicke auf sich, werden häufiger und länger fixiert. (Witt, 1977) & (Leven, 1986)
  • Mit steigender Aktivierung erhöht sich auch die Erinnerungsfähigkeit der Werbung beim Kunden. (Kroeber-Riel, 2003, S. 87) Ist es dem Marketer nicht möglich eine stark aktivierende Werbung zu zeigen, sollte er versuchen die Erinnerungsfähigkeit über die wiederholte und langfristige Ausstrahlung der Werbeanzeige zu steigern. (Kroeber-Riel, 2003, S. 88) Wiederholungskontakte mit der Werbung können die geringe Leistung der Konsumenten bei schwacher Aktivierung kompensieren. (Kroeber-Riel, 2003, S. 93)
  • Die Blicke der Kunden werden auf starke Reize gerichtet, lenken dabei aber auch die Aufmerksamkeit von den im Umfeld liegenden Informationen ab. Schlüsselinformationen in der Werbung sollten also aktivierend gestaltet werden, da sonst die Schlüsselbotschaft untergeht. (Kroeber-Riel, 2003, S. 89)
  • Um neue Kunden oder Kunden der Konkurrenz zu gewinnen und deren Aufmerksamkeit für das bisher nicht interessante Produktangebot zu gewinnen, ist der Marketer auf Aktivierungstechniken angewiesen.
  • Die für die Werbung so wichtige psychische Aktivierung (Farbe, Größenwahrnehmung, etc.) ist ein Prozess, der weitestgehend automatisch ausgelöst wird. (Kroeber-Riel, 2003, S. 91)
  • Der Konsument wendet sich selektiv und aktiv einer Werbeanzeige zu. Ist er vielen Werbeanzeigen ausgesetzt, wird er sich auf eine oder einige wenige Werbebotschaften fokussieren. Wichtige und auffällige Reize in der Werbung steuern diese Aufmerksamkeit. (Kroeber-Riel, 2003, S. 61)
  • Die Begrenzung der Aufmerksamkeit führt dazu, dass es sehr wichtig ist, welche Werbung der Konsument zuerst betrachtet. Bei der Betrachtung von Werbung wird mit der Zeit Ermüdung beim Kunden einsetzen. Jede Werbebotschaft, die nach einer anderen Werbeanzeige betrachtet wird, bekommt weniger Aufmerksamkeit als die vorherige Anzeige. (Felser, 2015, S. 43)
  • Ein Konsument betrachtet eine Werbeanzeige ca. 2 Sekunden lang. (Felser, 2015, S. 43) & (Kroeber-Riel, 2003, S. 92) Die Aufmerksamkeit und Zeit des Kunden sollte als ein knappes und seltenes Gut betrachtet werden. Viele Formen der Komplexität in der Werbung schaden dieser Knappheit.
  • Der Werbeerfolg ist größer, wenn die Werbebotschaft effizient verarbeitet und aufgenommen wird. Dieses Ziel erreicht man durch Aktivierung. (Kroeber-Riel, 2003, S. 99)
  • Damit sich Werbung gegen die ablenkende Umwelt durchsetzt, sollte sie aufmerksamkeitsstark gestaltet werden. (von Keitz, 1998)

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